Kommentar zu Marco Wölfli, Fussball-Torhüter von den Young Boys Bern


Foto: Sven Thomann, Blick-Sport
Foto: Sven Thomann, Blick-Sport

Wölfli wird ewig leben

Man muss kein gelb-schwarzes Herz haben, um vor diesem Kerl den Hut zu ziehen, ihm grössten Respekt zu bezeugen. Man muss nur ein Mensch sein, dem nicht immer alles gelingt und der trotzdem hofft, dass am Ende alles gut kommt.
YB-Goalie Marco Wölfli verlor Cupfinals und Meisterschaftsendspiele. Er stand in der Nati stets im Schatten von Benaglio. Er verletzte sich schwer, was ihm die WM in Brasilien kostete. Er wurde im YB-Tor danach von den Jungen verdrängt, von Mvogo, dann durch Von Ballmoos. Wölfli, einst eines der grössten Fussballtalente im Land, degradiert, aufs Abstellgleis gefahren, wo er angerostet aufs unspektakuläre Karriereende wartet.
Nein, der Schluss der Geschichte geht anders. Wölfli schreibt das Kapitel gerade selber um. Er lächelt unter seinem Lockenkopf, nachdem er die letzte Torchance der Basler unichtemacht mit einer weiteren tollen Parade.
Das war vor einer Woche. 2:2 stand es am Schluss. YB ist der Titel seit dieser Tat nicht mehr zu nehmen. Wölfli, routiniert, voller Selbstvertrauen, nie überheblich, ist mittendrin, ganz oben. Er ballt die Faust.
Als sich Von Ballmoos verletzte, sprang er von der Bank, heiss und hungrig wie ein Jungwolf, und legte sich in jeden Schuss, flog nach jedem Ball. So erfolgreich, dass man meint, er sei nie besser gewesen. Und nun wird alles gut. Für ihn, den Familienmenschen mit italienischen Wurzeln. Für YB, den Klub, der 32 Jahre auf den Titel warten musste. Für die Fans, die tapferen, leidgeprüften.
Alte Schule, grosse Klasse. Wölfli ist ein Übriggebliebener. Einer der heute seltenen Fussballprofis, für die Klubtreue und Loyalität noch Werte sind, der Klub noch über dem Ego steht. Nie ein böses Wort, keine neidische Geste, kein Foul am Konkurrenten. Er erfüllte die Rolle als Papi für die jungen Goalies, die ihn verdrängten, wie er das zu Hause als Papi tut, und wuchs daran.
Wölfli hat in seiner Karriere Spiele verloren, auch den Stammplatz, aber nie seinen Hunger, nie seine Einstellung, nie die Hoffnung und nie die Nummer 1 auf dem Rücken. Die trug er auch auf der Ersatzbank. Nun krönt er seine Karriere bei dem Klub, dessen Farben er seit 18 Jahren hochhält. Marco Wölfli, der Meistergoalie. Als dieser wird er ewig leben. Man gönnt es ihm von Herzen. Jetzt ist alles gut.

Erschienen im Sonntagsblick vom 8. April 2018 / Patrick Mäder

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